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Chile 2004/2005

Nach dem "Kurztrip" letztes Jahr nach Madeira musste es dieses Mal wieder etwas weiter weg gehen. Erneut legte ich Mexiko zur Seite und widmete mich ganz dem Reiseziel Chile. Der Entschluss hat sich gelohnt, denn ich sammelte wunderbare Eindrücke in einem Land, was jedem etwas bieten kann. Und das Programm zeigte auch sehr viel: Den Norden mit der Atacama und Höhenluft, die Mitte mit Santiago und den Süden in seiner Wildheit und Schönheit. Zum Schluss noch die wunderschöne Umgebung um Puerto Montt mit Vulkanen und Seen, was jedoch den Nationalpark "Torres del Paine" einfach nicht überbieten konnte.

Die Reise "Seen, Gletscher und Vulkane" buchte ich wieder bei schulz aktiv reisen, einem Reiseunternehmen aus Dresden. Die Reise vor Ort war eine "Einbucherreise", das heißt, bei mehreren Reiseunternehmen in Deutschland konnte man die Plätze buchen und wurde vom örtlichen Veranstalter TravelArt ausgerichtet. Das Vorprogramm (1. - 6. Tag) erlebten wir mit 8, den Rest der Reise mit 12 Leuten, alles in allem eine recht angenehme Truppe. Und wenn ein Reiseleiter mal schwächelte, hatten wir die Lage trotzdem im Griff!

Übersichtskarte Chile

Übersichtskarte Chile

 

Weitere Infos zu Chile sind hier zu finden:

 

Chile 2004/2005 - Tag 1

Reisetag Freiburg - Frankfurt - Madrid

Ganz pünktlich geht es 14:57 Uhr ab Freiburg los mit dem ICE. Fast alle Plätze sind belegt oder reserviert, so sitze ich auf dem Gang in der Nähe der Türen, weil ich keine Lust habe, mit meiner schweren Tasche den ganzen Zug abzuklappern. Umsteigen in Mannheim, dann in Frankfurt kurz nach 17:00 Uhr. Die ganze Fahrt über ist es draußen grau und kalt und nass, nix wie weg hier.

Auf dem Flughafen treffe ich erst mal niemanden, der zur Gruppe gehört oder dazugehören könnte. Ob der sonstigen Preise am Flughafen (1 Bockwurst für € 4,99...) gehe ich widerwillig zu McDonalds und erstehe Pommes und Cola.

Der Flug nach Madrid geht um 19:40, wir fliegen mit einem Airbus A340 der LAN Chile, ein sehr schönes und modernes Flugzeug, innen wie außen. Wunschgemäß sitze ich am Gang in der Reihe am linken Fenster, neben mir eine Spanierin aus Madrid, die nach 7 Monaten MBA-Studium in Heidelberg nach Hause fliegt. Wir unterhalten uns sehr angeregt auf englisch und kommen so kaum zum Essen, obwohl das eigentlich sehr gut ist für Flugzeugverhältnisse. Auch der an jedem Platz vorhandene, einzeln programmierbare Bildschirm mit aktuellen Kinofilmen lassen wir zunächst außer acht, auch wegen der fehlenden Kopfhörer.

Leider verlässt mich meine nette Begleitung in Madrid nach 2,5 Stunden. In der Wartehalle (wir müssen für ca. 1 Stunde aussteigen) treffe ich eine Trekking-Reisende in voller Montur und schweren Bergstiefeln, die mir erzählt, dass sie das wegen des vielen Gepäcks anzog, sie zahlte auch so schon Aufpreis wegen Übergepäck. Außerdem kennt sie die Chefs meines Reiseveranstalters TravelArt in Chile persönlich und lobt die Firma. Sie scheint so gut zu laufen, dass die Chefs bald für mehrere Monate Urlaub machen können.

Auf der langen Strecke zwischen Madrid und Santiago hole ich das Kinoprogramm der letzten Zeit nach und schaue "Shrek 2", "Spiderman 2" und "I, Robot". Alles in englisch, wobei ich zwar nicht alles verstehe, aber der Handlung durchaus folgen kann. Weiter in englisch lese ich gefesselt Harry Potter, von dem ich mir die ersten zwei Bände mit auf die Reise nahm. Ich las die ersten vier Bände bereits auf deutsch, habe aber fast alles schon wieder vergessen, sodass fast alles wie neu ist.

 

Chile 2004/2005 - Tag 2

Reisetag Madrid - Santiago, Stadttag Santiago

Mit 20 Minuten Verspätung treffen wir nach ca. 14 Stunden Flug in Santiago de Chile um etwa 10:00 Uhr Ortszeit ein und stehen gleich bei der Passkontrolle noch einmal 30 Minuten an. Danach trifft sich die Gruppe am Ausgang des Flughafens, überall Leute mit Namensschildern, ein riesiges Gewirr, fast wie im Film. Ich bin der erste Ankömmling, langsam trudeln die anderen ein. Unser Reiseleiter ist ein älterer Herr, der gut deutsch spricht. Nun eine lange Busfahrt während der Rushhour vom Flughafen in die Innenstadt zu unserem Hotel "Los Nogales". Nach dem Einchecken finden wir riesige Zimmer mit Bett, Couch, 2 Tischen und 1 Küchenzeile vor. Für den Fernseher und die Klimaanlage gibt es eigentlich Fernbedienungen, die wir aber vorerst nicht bekommen. Noch einmal in der Lobby fragt uns der Rezeptionist, welche Fernseher-Marke in im Zimmer ist. Gute Frage! Je nachdem bekommt man dann die richtige Fernbedienung. Außerdem gibt es für mein Zimmer keinen Schlüssel, sodass mir jedes Mal ein Angestellter die Zimmertür öffnen muss.

15:00 Uhr ist Stadtrundfahrt, obwohl wir von unserem Reiseleiter Peter schon auf der Fahrt vom Flughafen viel hörten. Dabei war die Verständlichkeit mehr schlecht als Recht, weil er das Mikro ständig direkt an den Lippen und damit viel zu nah am Mund hatte. Neben interessanten Dingen erfahren wir auch diesmal sehr viel über aktuelle Immobilienpreise und Ausstattung der angepriesenen Wohnungen. Auch die Tiefgaragensituation in Santiago findet vielfache Erwähnung, genauso wie der oftmalige Wechsel zwischen Altstadt und Neustadt. Wir halten am Fuße des Hausbergs von Santiago, "Cerro San Cristóbal" (880m hoch) mit einer Marienstatue oben drauf und fahren mit einer Standseilbahn hinauf. Die Bahnfahrt ist sehr schön, der Zugführer startet und stoppt die Bahn mit einer langen Metallstange, mit der er einen blanken Draht neben den Gleisen leicht antippt. Einmal antippen: losfahren, noch mal antippen: stoppen.

Oben angekommen, haben wir einen herrlichen Blick auf fast die gesamte Stadt, dazu ist es sehr warm und sonnig, was alle genießen, schließlich sind es die ersten sommerlichen Momente seit Monaten.

Am Abend nach der Stadtrundfahrt gehen wir noch zu dritt ins Restaurant "Giratorio" im 18. Stock eines Hochhauses (Av. 11 de Septiembre 2250). Das Restaurant dreht sich ganz langsam, sodass man während des Essens die ganze Stadt zu sehen bekommt. Es ist recht lange hell und immer noch sonnig. Das Essen und das Bier sind sehr gut, aber auch nicht gerade billig. Wir fallen recht früh todmüde in unsere Betten (endlich wieder richtige Betten, nach dem Flugzeug!), denn morgen geht es sehr früh raus.

 

Chile 2004/2005 - Tag 3

Reisetag Santiago - Calama - San Pedro de Atacama, Valle de la Luna

Heute ist hier Sommeranfang und der längste Tag des Jahres, wir stehen 4:30 Uhr auf, 5:30 geht es nach einem sparsamen Frühstück aus Kuchen und Instant-Kaffee schon los zum Flughafen. Die Fahrt geht diesmal viel schneller, weil um diese Zeit fast nichts auf den Straßen los ist.

Wir fliegen 7:20 Uhr nach Calames, eine Bergarbeiterstadt im Norden Chiles. Der Flug dauert nur 1:40 h, wieder sehr angenehm mit einer A319 der Lan Chile. Am Flughafen treffen wir unsere nette Reiseleiterin Jenny, nicht zu übersehen in knallroter Hose und neongelbem Anorak. Sie ist Chilenin und spricht gut deutsch, weil sie teilweise in Deutschland in Kiel aufwuchs. Wir fahren mit dem Bus nach San Pedro de Atacama, auf dem Weg ein Stopp in einem riesigen Supermarkt "LIDER". "LIDER" hat einen deutschen Chef, der einmal mit einem Tante-Emma-Laden anfing und nun die größte Supermarkt-Kette Chiles besitzt. Dort gibt es alles, vor allem Wasser, Früchte und Brot, was wir für 3 Tage in der Oase mitten in der Atacama brauchen und dort nicht den Einheimischen wegkaufen müssen. Und alles Dinge, die für diese Zeit nicht gekühlt werden müssen. Auf der Busfahrt erzählt Jenny viele interessante Dinge über sich und das Land, wir lachen oft und viel, weil ihre Erzählweise wirklich sehr lustig ist.

Gegen 12:30 Uhr kommen wir im Hotel "La Casa de Don Tomas" an und haben bis 16:30 Uhr Freizeit. Ich mache einen Spaziergang durchs Städtchen, tausche etwas Geld und kaufe einen Sonnenhut mit breiter Krempe rundum, den man hier zwingend braucht. Es ist sehr heiß, sonnig und trocken.

16:30 Uhr fahren wir in die Wüste, um im "Tal des Todes" ("Valle de la Muerte") zu wandern. Der Name kommt daher, dass hier einmal eine Herde Stiere auf einem Viehtrieb in einem Gewitter umkam. Dass es hier auch regnet, ist allerdings angesichts der Landschaft rundum kaum zu glauben. Ich habe Wasser und einen Pullover mitgenommen, weil es später doch recht kalt werden soll. Die Wanderung ist sehr leicht, ein stetig abfallender Weg mit schönem Rundum-Panorama, teilweise in einer flachen Schlucht. Unsere Führerin Jenny hat so auch nur Sandalen an, wir dagegen allesamt Wanderstiefel. Es ist heiß, aber auch sehr windig, fast stürmisch, sodass uns oft auch der Sand ins Gesicht weht und unsere Hüte wegfliegen. Am Ende der Schlucht wartet unser Bus und bringt uns ein Stück weiter ins "Tal des Mondes" ("Valle de la Luna"). Sehr bekannt wegen den natürlichen Skulpturen, die dort stehen, nur durch Wind und Sand geformt. Dort treffen wir auch viele andere Touristen, sodass das Fotografieren in einer "menschenleeren" Wüste schwer fällt.

Noch eine kleine Fahrt mit dem Bus und einige Fotostopps in der Wüste, der Wind wird immer stärker, sodass wir den Erklärungen zu Gesteinen und Mineralien von Jenny manchmal kaum folgen können.

Wir stoppen schließlich an einer großen Sanddüne, wo schon einige andere Touristenbusse aller Art stehen. Wir wandern den Dünengrat hinauf, die Düne und auch der starke Wind am späten Nachmittag, wenn es langsam kühler wird, erinnert mich dabei enorm stark an die Elim-Düne in Namibia. Nur der Sand ist hier viel dunkler und etwas grober. Vom Dünenkamm sehen wir ein wunderbares Bergpanorama und warten auf den Sonnenuntergang, der die Landschaft ringsum und schönes rotoranges Licht taucht. Allerdings ist die Stimmung nicht ganz so phänomenal, wie man sie uns vorher beschrieben hatte. Nach dem Abstieg von der Düne fahren wir noch mal ein Stückchen mit dem Bus und machen ein kleines Picknick in der Dämmerung, Jenny nennt es "Ritual". Wir huldigen der Mutter Erde "Pata Mama", trinken Pisco, das Nationalgetränk in Chile, einen Cocktail aus Traubenschnaps, Limettensaft, Zucker und Eiweiß, dazu gibt es Chips und Studentenfutter. Alsbald haben wir alle einen sitzen, weil wir schließlich den ganzen Nachmittag wanderten und nur Wasser tranken. In der Dunkelheit fahren wir zum Abendessen zurück nach San Pedro ins Restaurant "Milagro". Das Essen ist mittelmäßig, aber reichlich, vor allem das Fleisch ist nicht sooo toll. In der Mitte des Restaurant brennt auf einem tiefergelegenen Kiesbett ein großes offenes Feuer, in Europa wäre so etwas undenkbar. Es wärmt sehr schön, allerdings ist die Luft im Lokal dadurch auch nicht die Beste. Wir fallen nach einem Spaziergang zurück ins Hotel gegen 23:30 Uhr todmüde ins Bett.

 

Chile 2004/2005 - Tag 4

Dorftag San Pedro de Atacama, Salar de Atacama

Heute spät aufstehen!!! Gemütlich frühstücken wir im Hotel, dann 10:00 Uhr Dorfrundgang in San Pedro mit Museumsbesuch, Geldtausch, Briefmarkenkauf. Obwohl wir alle schon mehrmals im Dorf waren, entdecken wir doch immer noch neue Dinge. In der Kirche mit einem Dach aus Kaktusholz wird Weihnachtsmusik gespielt, es riecht stark nach Imprägniermitteln für den Holzfußboden.

Danach Freizeit bis 16:00 Uhr, wir trinken noch einen "Frozen Cappuccino" in einer ganz neuen, netten Kneipe, die auf ihrer Speisekarte auch "Frozen Water" anbietet. Für 800 Pesos (ca. 1,5 US$) bekommt man dann "the only water that keeps you fresh all day long". Einfach gelungenes Marketing oder auch "alter Wein in neuen Schläuchen"?

Um 16:30 Uhr fahren wir an den größten Salzsee in der Atacama, den "Salar de Atacama" zum Sonnenuntergang und zum Flamingo-Schauen.

Auf der Fahrt halten wir erst und wandern durch ein kleines Flusstal. Völlig unverhofft in der Wüste ist es ganz grün, in der Mitte ein Bach, der unterirdisch verläuft und hier zu Tage tritt. In einem winzigen See baden einige Einheimische, daneben ist ein toller Grillplatz eingerichtet.

Auf der Fahrt sehen wir auch einen Fahrweg, der direkt in die Berge geht, hoch auf den Altiplano. An der Hauptstraße steht ein Schild und informiert, dass hier ein Projekt names "ALMA" (Atacama Large Millimeter Array) entsteht. Es handelt sich um ein neues, sehr leistungsstarkes Radioteleskop aus 66 einzelnen, elektronisch zusammengeschalteten Teleskopen.

Danach noch ein Halt in Toconao, wo wir den Friedhof besuchen, der noch von Allerheiligen geschmückt ist. Die Gräber sind alle mit sehr vielen und großen hellen Papierblumen behängt, was sehr schön aussieht. Teilweise haben die Gräber kleine Kammern mit Fenstern, in denen Blumen, aber auch oft eine Flasche des Lieblingsgetränks des Verstorbenen steht, Bier oder Wein. Jenny regt sich beim Blick auf das Dorf darüber auf, dass die Atacameños (die Einwohner der Atacama) ihr Land nicht richtig nutzen und zu faul dazu sind, z.B. Häuser zu bauen. Die vorhandenen Häuser sind oft aus weißem Vulkangestein, was sehr schön aussieht. Also auch an Baumaterial herrscht kein richtiger Mangel.

Am Salzsee halten wir an einem Haus, welches der Ausgangspunkt der Wege um und durch die Salzfläche des Sees ist. Wir machen erst einen Rundgang um einen Teil des riesigen Sees, wobei der Wind immer stärker wird, wie jeden Tag in den letzten Stunden vor Sonnenuntergang. Der See ist riesig und hat an den meisten Stellen eine Salzkruste, die aber nicht glatt, sondern stark zerklüftet ist. In diese Fläche aus Salztrümmern sind Wege gebahnt, sonst könnte man nirgends laufen. Im Licht der tief stehenden Sonne sieht die Landschaft wirklich bizarr aus. Es gibt mehrere Flamingo-Arten am "Salar de Atacama", die sich von den Mikroorganismen ernähren, die in dem Wasser des Sees leben können. Davon haben sie auch ihre rosa Farbe. Der Wind wird immer stärker, sodass wir uns einen geschützten Platz suchen, etwas Picknick machen und auf den Sonnenuntergang warten. Es kommen immer mehr Leute zum See, die meisten auch sturmfest gekleidet. Der Sonnenuntergang beleuchtet das Salz des Sees und die Berge rundum sehr schön, wir sind zufrieden. Gegen 22:15 Uhr sind wir wieder im Hotel und gehen bald ins Bett, denn morgen geht es wieder mal sehr früh los.

 

Chile 2004/2005 - Tag 5

Geysire "Geiser el Tatio", San Pedro de Atacama

4:00 Uhr aufstehen, 4:30 Uhr Abfahrt zu den Tatio-Geysiren (Géiser El Tátio). Wir sollen uns sehr warm anziehen, sagt Jenny, was wir bei der Abfahrt in San Pedro bei ca. 15° C nicht so richtig verstehen. Auf der 80 km langen Fahrt über höllische Schotterpisten geht uns dann langsam ein Licht auf. Zwischen der Wackelei in der Dunkelheit des Busses bemerken wir, wie langsam die Scheiben beschlagen und nach ca. 2 Stunden Fahrt die beschlagene Feuchtigkeit innen an den Scheiben gefriert. Kurz vor Sonnenaufgang sind wir da und steigen aus dem Bus. Nach den heißen Tagen in der Wüste ist die Kälte ein echter Schock, es sind sicherlich -5° C oder weniger. Wir ziehen Handschuhe an und sehen, wie die ersten Sonnenstrahlen zwischen den Bergen einen Talkessel erleuchten, in dem Hunderte Geysire unterschiedlicher Größe vor sich hin gurgeln. In der kalten Luft bilden sich über den Geysiren große Dampfwolken. Es gluggert und gurgelt und brodelt und dampft und riecht nach Schwefel. Zahlreiche Busse sind da mit Touristen, einige Wahnsinnige haben sogar neben den Geysiren im Zelt übernachtet. Jenny serviert Koka-Tee und Kuchen und belegte Brötchen als Frühstück, welches wir alles dankbar annehmen. Wir sind jetzt etwa auf 4300 Meter Höhe, sodass die meisten von uns Aspirin als Blutverdünner genommen haben, um den Problemen der Höhe zu entgehen. Dennoch sind wir etwas atemlos beim Laufen, da wir ja mit Hilfe unseres Busses sehr schnell "aufgestiegen" sind.

Wir fotografieren sehr viel, bis die Sonne die Luft so weit erwärmt hat, dass die Dampfwolken immer dünner werden und teilweise ganz verschwinden. Wir verlassen den Talkessel und fahren etwas weiter zu einem Schwimmbecken und einem sehr großen Geysir daneben, der schon mehrere Todesopfer forderte, weil Leute sich zu nah heran wagten, die dünne Kruste um den Geysir einbrach und sie in das heiße Wasser fielen. Rettung unmöglich.
Einige Einheimische baden im Schwimmbecken, zwei Damen unserer Reisegruppe wagen sich mit den Füßen in das ca. 30° C warme Wasser.

Auf der Heimfahrt über die furchtbare Schotterpiste, die wir nun bei Lichte sehen und um unseren Bus fürchten, der kräftig was einstecken muss, machen wir einen kurzen Fotostopp in der Wüste an Kakteen, ich stibitze mir einen kleinen Kaktus, der hier als Kissen wächst und (irrtümlich) "Schwiegermuttersitz" genannt wird. Ich packe ihn in eine Filmdose und probiere mal zuhause, ob er anwächst.

Auf der Fahrt machten wir noch einen Stopp in einem kleinen Bergdorf "Machuca", wo wir frisch gegrillte Lamaspieße und Empanadas mit Käse essen und die Lamas auf den Bergweiden fotografieren. Es ist sehr schönes Wetter, es schmeckt köstlich und die Temperaturen sind etwas angenehmer als bei den Geysiren.

Sehr müde sind wir gegen 12:00 Uhr zurück im Hotel, es ist wieder "normal" heiß. Ich schlafe wie die meisten etwas und gehe dann noch mal ins Dorf. Ich brauche noch ein paar Briefmarken, die es hier im Gegensatz zu Ecuador reichlich gibt. Die Postfrau ist allerdings nicht sehr fähig, sodass mir eine englisch sprechende Kundin weiterhilft. Sie will mir mit den Worten "It's Christmas!" auch Wechselgeld schenken, aber es geht auch so. Vor der Postfrau warnte uns bereits Jenny. Die Post wird nicht ausgetragen, sondern man holt sie im Postamt. Dort liegt sie allerdings unsortiert(!!!) auf Tischen und in Regalen. Ich finde noch ein Café mit kostenlosem Internetzugang und schreibe ein paar e-Mails nach Deutschland. Mittagessen im "Puro Chile", einem kleinen Restaurant, Familienbetrieb, immer frisch gekochter Eintopf, sehr lecker und wirklich preiswert. Dazu singt die ganze Mannschaft laut die Lieder aus dem Radio mit, es ist sehr gemütlich und angenehm. Eine gute Belüftung sorgt für milde Luft im Lokal.

Abends noch mal in den Ort zum Abendessen ins "Ayllu", das Essen ist ganz gut, es gibt Salat mit Hähnchen und das durchaus überall sehr trinkbare einheimische Bier. Teilweise ist dies nach deutschem Reinheitsgebot gebraut von deutschen Einwanderern und deren Nachkommen, was auch als deutsches Wort "Reinheitsgebot" auf dem Etikett steht.

Ein Arbeiter zerhackt im Hof des Lokals Euro-Paletten zu Feuerholz, kurz darauf wird auch ein Lagerfeuer aufgeschichtet und versucht, es anzuzünden. Die Versuche mit Papier scheitern, ich schaue ungeduldig zu, weil das Holz nicht gut geschichtet ist. Die Zündversuche glücken dann mit einem Haufen Plastikfolie(!), was eine hohe Stichflamme zur Folge hat. Wir gehen dann mal lieber...

 

Chile 2004/2005 - Tag 6

Pukará de Quitor, Reisetag San Pedro de Atacama - Calama - Santiago

Spät aufstehen, weil der Vormittag eh frei ist. Zu dritt besuchen wir in dieser Zeit die Ruinen "Pukará de Quitor". Hier wohnten im 12. Jahrhundert Inkas, die versuchten, den Atacameños ihre Kultur beizubringen. 1540 wurden die Inkas dann von den Spaniern vertrieben. Etwa 3 km außerhalb von San Pedro erreichen wir nach einem Fußmarsch den Fuß des Berges mit den Ruinen, bezahlen ein Eintrittsgeld und erklimmen den Berg. Der Weg geht im Zickzack durch die Ruinen, es ist etwas anstrengend durch die starke Sonne und die Hitze. Endlich oben, haben wir einen tollen Ausblick auf San Pedro und das Drumherum und sehen aber auch, dass hinter dem Ruinenberg noch weitere Berge auf uns warten, teilweise mit Denkmälern oben drauf. Wir gehen also weiter nach oben, insgesamt sicherlich 300 Höhenmeter. Vom höchsten Gipfel mit einem Denkmal der Spanier für die getöteten Atacameños können wir sogar das "Tal des Todes" sehen, in dem wir am ersten Tag wanderten.

Gegen 12:30 Uhr sind wir erschöpft wieder im Hotel, denn bis 13:00 Uhr müssen wir auschecken. Das Gepäck kommt in einen extra Raum, dann haben wir Freizeit. Wir gehen noch mal ins "Puro Chile", in dem wir schon einmal einen leckeren Eintopf zum Mittag aßen. Wieder gibt es den, wie immer frisch gekocht, aus Kartoffeln, Mais, Fleisch etc. Auf Anfrage bekommen wir sogar das Rezept der leckeren, scharfen Tomatensoße, die es als Vorspeise zu Brot in Chile zu jeder Mahlzeit (außer zum Frühstück) gibt. Sie heißt "Pebre" und ist aus Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, grüner Chili, Koriander, Olivenöl und Zitronensaft.

Dann zum Flughafen, 18:00 Uhr geht es zurück nach Santiago. Wir verabschieden uns herzlich von Jenny und geben ihr reichlich Trinkgeld, was wir von den Gruppenmitgliedern vorher einsammelten, in einem selbstgebastelten Umschlag. Auch unser Fahrer bekommt so einen Umschlag aus Zeitungspapier. Es war wirklich eine schöne Zeit in der Atacama-Wüste und dank Jenny nicht langweilig.

Gegen 20:00 Uhr sind wir in Santiago, wieder treffen wir unseren alten Reiseleiter Peter. Wieder unverständliche Kommentare im Bus, aber wir haben unseren Spaß. Diesmal gibt es im Hotel (dasselbe wie am ersten Tag) Schlüssel für die Zimmer und gleich für jeden eine Fernbedienung für den Fernseher und eine für die Klimaanlage. Ein geplanter Restaurantbesuch fällt für mich leider aus, denn morgen müssen wir früh raus. Außerdem rät uns Peter davon ab, weil er sagt, dass heute an Heiligabend praktisch alle zuhause sind, viele Restaurants zu und auch sonst überhaupt nix los ist. Na so was?

 

Chile 2004/2005 - Tag 7

Reisetag Santiago - Punta Arenas - Puerto Natales

Ja, das kommt raus, wenn man auf seinen Reiseleiter hört: Tatsächlich fanden Mutige und Muntere unserer Reisegruppe heraus, dass sehr wohl was los ist an Heiligabend und zwar viel. Lustiges Straßenleben allerorten, keine Spur von wenig Betrieb. Wäre ja auch zu komisch für eine Stadt wie Santiago.

Wir stehen 4:30 Uhr auf, frühstücken und treffen dabei die 4 Neuen, die nach dem Vorprogramm noch zu unserer Gruppe stoßen und uns auf 12 Leute Stärke bringen. Unsere Busunterhaltung durch den Reiseleiter besteht wieder aus Informationen zu Tiefgaragen, Immobilienpreisen, dass wir jetzt gerade zwischen Altstadt und Neustadt wechseln und er teilt uns mit, dass wir am Flughafen Pass und Flugticket benötigen. Potzblitz! Wer hätte das gedacht!

Wir fliegen 7:20 Uhr ab, Zwischenlandung in Puerto Montt, gegen 12:00 Ankunft in Punta Arenas, wirklich SEHR weit südlich. Das Flugzeug fliegt noch weiter bis zu den Falkland-Inseln im Atlantik. Wir treffen unseren Reiseleiter Christian Moser, einen sehr netten Österreicher, der in Punta Arenas mit seiner chilenischen Frau lebt. Nach dem Umladen des Gepäcks in einen Anhänger eines Kleinbusses fahren wir etwas nordwärts nach Puerto Natales. Unterwegs besuchen wir die Pinguinkolonie am "Seno Otway", wo wir Magellanpinguine beobachten können. Auf Lattenstegen wandern wir durch diese Kolonie, die Pinguine ganz nah, sie lassen sich auch nicht durch uns stören. Nur Blitzlichtfotos sollte man vermeiden. Aber auch ohne Blitzlicht entstehen witzige Fotos der Tiere auf dem Weg vom und zum Meer. Dabei gibt es viele Hindernisse zu überwinden!

Unterwegs noch ein Stopp an einem kleinen Hotel, Pinkelpause. Gegenüber ist eines der vielen Lupinenfelder am Straßenrand, die Pflanzen wachsen dort halbwild und blühen gerade in allen Farben. Ein wunderbarer Kontrast zum Grün ringsum. Christian erklärt uns, dass die Lupinen von Kroaten eingeschleppt wurden, von denen es einmal eine größere Einwandererwelle gab. Gut gemacht!

Nach 1 Stunde bei den Pinguinen geht es weiter, insgesamt sind wir 6 Stunden unterwegs. Einchecken ins Hotel "Lady Florence Dixie", danach packen wir Sachen um für den Nationalpark "Torres del Paine", damit wir nicht alles mitschleppen müssen. Der Rest bleibt im Hotel, zu dem wir nach der Zeit im Park zurückkehren. Noch etwas einkaufen im Ort, vor allem Kekse, Bier und Wein. Vor allem Wein soll im Nationalpark sehr teuer sein. Christian reservierte schon auf der Hinfahrt Plätze in einem tollen kleinen Restaurant, zu dem wir einen Spaziergang machen. Auf dem praktisch windstillen Spaziergang warnt uns Christian schon mal, dass das doch sehr ungewöhnlich ist und wir sicherlich n den nächsten Tagen keinen Mangel an Wind haben werden (womit er Recht behalten sollte). Leider gibt es keinen Lachs, den Christian uns versprach, alles andere ist aber auch sehr lecker. Z.B. gibt es "Puro picante", das ist Kartoffelbrei mit Chili. Extrem lecker. Das Essen ist auch nicht sehr teuer, gesättigt und zufrieden nach dem lustigen und angenehmen Abend gehen wir 23:30 ins Bett. Zu unserer Verwunderung, aber eben wegen der extrem südlichen Lage, ist es zu dieser Zeit immer noch dämmrig. Nur zu weißen Nächten reicht es hier einfach nicht.

 

Chile 2004/2005 - Tag 8

Nationalpark "Torres del Paine", Wanderung zum "Glacier Grey"

Wir fahren 8:30 Uhr vom Hotel ab, ich hebe vorsichtshalber noch einmal Pesos an einem Bankautomat ab und halte dabei etwas die Gruppe auf, denn erst der zweite Versuch ist erfolgreich...

Dann ca. 1,5 Stunden Fahrt in den Nationalpark "Torres del Paine" und Ankunft an der Anlegestelle eines Schiffes am "Lago Pehoe". Der Katamaran bringt uns auf die andere Seite zum "Refugio Pehoe", wo wir eine Nacht verbringen werden. Der See ist smaragdgrün und zwar so extrem, dass es regelrecht unnatürlich aussieht. Darauf weiße Schaumkronen vom recht starken Wind.

Wir fahren mit dem Schiff ca. 30 Minuten, es gibt kostenlos heiße Schokolade oder Kaffee. Eine Weile sitze ich unten im Warmen und schwatze, danach gehe ich mal oben auf Deck, wo es sehr stürmisch ist. Aber auch eindrucksvoll, wir haben phantastisches Wetter, fast wolkenlose Berge ringsum und dazu das smaragdgrüne Wasser!

Das Refugio ist sehr modern und ganz neu, es gibt 6-Mann-Zimmer. Wir ziehen ein, dann geht es auch schon los zu einer Nachmittagswanderung zu einem Aussichtspunkt, wo man den großen Grey-Gletscher sehen kann. Die Wanderung ist mittelmäßig anstrengend, unterwegs treffen wir professionelle chilenische Träger, die mit riesigen Lasten den Weg praktisch im Dauerlauf bewältigen. Am Aussichtspunkt angekommen, sehen wir den Gletscher vor uns, von ihm weht ein sehr starker und eisig kalter Wind. Wir machen ein paar Fotos und schauen uns um, dann verkriechen wir uns hinter ein paar Felsen und machen Picknick. Die Felsen sind von der Sonne angewärmt, sodass wir es gut aushalten. An den Felsen um den Gletscher herum sieht man, dass dessen Ausdehnung in letzter Zeit stark zurückgegangen ist, sicherlich um 30-50%. Aber er ist immer noch beeindruckend. Im Gletschersee davor schwimmen einige abgebrochene Eisschollen, einige davon mit unnatürlich blauer Farbe, hervorgerufen von Lufteinschlüssen und der damit verbundenen Lichtbrechung.

Wir wandern zurück fast nur abwärts, zum Glück habe ich diesmal meine Wanderstöcke dabei. Obwohl ich damit kaum Übung hatte, geht es doch sehr gut und ich entlaste meine Knie recht wirksam. Wir sind gegen 18:30 Uhr zurück im Refugio und ziemlich fertig, auch durch den starken Wind und die Sonne, die uns fast den ganzen Weg begleitete. Mein Hut aus den Atacama leistet weiterhin hervorragende Dienste.
Das Essen in der Refugio-Kantine ist ziemlich schlecht, es gibt Kartoffelbrei (mit Patex-Konsistenz) und Hähnchen-Schenkel. Na ja. Dazu Büchsenbier. Beim Bezahlen mit US-Dollar spart man gegenüber den Peso-Preisen bis zu 30%, also machen wir das doch! Aber wenn man das Bier in der Kantine kauft und will sich dann damit ins Sofa an der Bar setzen, darf man das nicht! Nein, man hätte das Bier dafür auch an der Bar kaufen müssen...
Dennoch schwatzen wir noch eine Weile in der Kantine und freuen uns wieder, dass es so lange hell bleibt. Schließlich ist für uns Europäer ja immer noch Winter!

 

Chile 2004/2005 - Tag 9

Nationalpark "Torres del Paine", "Valle del Frances"

Gegen 9:00 Uhr wandern wir wieder los, es ist wieder sehr schönes Wetter, strahlender Sonnenschein, diesmal auch relativ wenig Wind. Erst geht es ein wenig bergauf bis zu einem See (Lago Stokenberg), dann weiter gerade über eine Hängebrücke zum "italienischen Camp" ("Campamento Italiano"). Vor der Hängebrücke machen wir noch eine kleine Rast und verspeisen Kekse, Fruchtschnitten und trinken viel Wasser. Wir sind ja auch schon 2 Stunden unterwegs.

Nach dem Camp geht es steil bergauf, erst über eine Schotterstrecke, dann auf einem Berggrat durch teilweise abgestorbenen Wald. Die Szenerie ist fremdartig, das Holz der Bäume ist durch das Wetter sehr hellgrau, was gut zum Grün rundum passt, ein bisschen sieht es auch nach einem Hexenwald aus. Ringsum immer wieder tolle Ausblicke auf die Berge ringsum, die Cuernos del Paine, teils schneebedeckt. Wir treffen viele andere Wanderer, denn diese Strecke ist sehr beliebt trotz der Schwierigkeit. Wir füllen unsere Wasserflaschen mit eiskaltem Wasser aus einem Bach, der direkt aus den Bergen kommt. Nach ca. 1 Stunde Aufstieg erreichen wir eine Lichtung mit einem gigantischen Blick auf das Bergpanorama und unten auf den Lago Pehoe und sein smaragdgrünes Wasser. Durch die heutige ungewöhnliche Wärme auch in höheren Regionen taut der Schnee sehr stark, so kracht und donnert es ständig in den Bergen und wir sehen teilweise größere Lawinen zu Tal gehen. Wir sind sehr beeindruckt, aber ungefährdet auf unserem Rastplatz. Wir sind jetzt ca. 700 Meter hoch, bei unter 100 Meter haben wir heute morgen begonnen. Von hier aus geht es eigentlich noch weiter hoch zum "britischen Camp" ("Campamento Britanico"), wir kehren aber um und machen uns nach längerer Rast auf den Rückweg und sind gegen 17:00 Uhr wieder im Refugio.

Wir ruhen uns aus, essen und trinken etwas, packen unsere Sachen und warten auf die Abfahrt des Katamarans. Viele Leute warten mit uns am Anlegesteg, denn der Katamaran ist das einzige Verkehrsmittel vom und zum Refugio und die Region dahinter. Am anderen Ufer sehe ich den Bus, der uns herbrachte, und will schon einsteigen, da stellt sich heraus, dass der diesmal eine andere Gruppe transportiert und unser Bus fehlt. Er hat eine Panne, ein Ersatzbus ist unterwegs. Wir warten ca. 1 Stunde und vertreiben uns die Zeit mit Anekdoten, Bier und Tierbeobachtungen. Unter anderem sehen wir Stinktiere, die der Katamaran-Käptn hinter dem Holzvorrat neben seinem Hauses füttert. Sehr schöne und lustige Tiere, wir fotografieren wie wild. Außerdem gibt es noch Magellan-Gänse zu sehen.

Dann kommt der Bus, wir fahren sehr schnell in unser nächstes Hotel "Cabañas del Paine", sehr luxuriös und sicherlich eines der Besten im Nationalpark. Zur Begrüßung gibt es Pisco Sour, die Gläser mit perfektem Zuckerrand. Wir sind schon fast blau nach dem einen Glas und gehen in unsere Zimmer zum Duschen. Das Abendessen ist sehr nett, es gibt Lachs mit Kartoffeln. Im Essensraum läuft CNN, ich sehe im Augenwinkel Szenen irgendeiner Katastrophe, schaue aber nicht genau hin. Nach lustiger Unterhaltung fallen wir todmüde ins Bett.

 

Chile 2004/2005 - Tag 10

Nationalpark "Torres del Paine", Grey-Gletschersee, Wasserfälle "Salto Grande"

Nicht zu früh aufstehen, dann schön frühstücken, dann im Bus über mehrere Stationen zu unserem nächsten Refugio "Las Torres". Unterwegs sehen wir die Wasserfälle "Salto Grande". Türkisfarbenes Gletscherwasser stürzt zwischen Felsen in die Tiefe, die Sonne scheint, die Berge rundum, alles ist perfekt. Die Wasserfarbe irritiert mich immer wieder aufs Neue, weil sie nicht nur oberflächlich bzw. durchscheinend ist, sondern das Wasser praktisch "durchgefärbt" ist. Unser Reiseleiter Christian erzählt von seinen Zukunftsplänen und wir hören gespannt zu. Marktlücken gibt es in Chile wie Sand am Meer und man hat hier gute Chancen. Geschäftsideen sind hier leicht umsetzbar, der Staat unterstützt das und die Bürokratie scheint sich in Grenzen zu halten.

Anschließend wandern wir am Rande des Gletscher-Sees des Grey-Gletschers entlang zum "Friedhof der Eisberge". In Buchten des Sees sammeln sich abgebrochene Stücken des Gletschers und schmelzen dort mit Gurgeln und Ächzen vor sich hin. Das Wasser ist graubeige, darin bläulich-weiße Eisberge, teilweise ist deren Inneres unnatürlich intensiv blau, wie mit Tinte eingefärbt. Wir sind wieder einmal beeindruckt und lauschen in der Stille.

Abends Ankunft im Refugio, wir ziehen in die Zimmer ein, trinken Bier, unterhalten uns und warten aufs Abendessen. Das ist dann absolut phänomenal! Nicht nur, dass wir mitten in der Wildnis sind, auch unabhängig davon schmeckt es sehr gut. Es gibt Kürbissuppe, dann Gulasch mit Nudelauflauf und roher roter Beete und danach Mousse au Chocolat(!). O.K., das Dessert war nicht so toll, aber der Rest um so mehr. Die Küche ist offen, sodass man die Köche in adrettem Outfit sehen kann und die Zubereitung der Speisen. Alles sehr sauber, dazu gute Zutaten, ab und zu gibt der Chefkoch eine Showeinlage. Die Stimmung im Refugio ist auch sehr nett, das Personal freundlich. Nach einem netten Abend sinken wir ins Bett.

Die Nacht ist nicht so toll, alle (auch ich) schnarchen, dazu knallen permanent überall Türen durch den Wind draußen und/oder werden quietschend geschlossen oder geöffnet.

 

Chile 2004/2005 - Tag 11

Nationalpark "Torres del Paine", "Las Torres"-Spitzen

7:30 Uhr aufstehen, ich bin ziemlich müde. Was für eine Nacht...
Frühstücken, dann Aufbruch zu unserer längsten Wanderung zu den Torres-Spitzen. Erst ist wieder wie in den letzten Tagen gutes Wetter, doch je höher wir steigen, desto nasser, kälter und windiger wird es. Wir ziehen alles an, was wir haben und gehen 2 Stunden lang im Valle Ascencio bis zur "Chilenischen Hütte" ("Albergue Chileno") und machen dort vor dem Klo (alles andere ist voll) unter dem Dach eine kurze Rast. Dann gehen wir noch ca. 1 Stunde weiter und gehen erst einmal ans untere Ende des Geröllfelds vor den Torres-Spitzen, um von dort zu sehen, wie das Wetter sich weiterentwickelt. Die Gegend ist wunderschön, trotz der absolut geringen Höhe mutet alles hochalpin an. Am Geröllfeld machen wir eine Rast, woraufhin aus dem Nichts ein Bergarbeiter auftaucht, uns aus dem Wald scheucht und uns einen Baumstumpf als Sitzgelegenheit wegnimmt. Er verschwindet im Wald, wir rasten auf dem Weg weiter. Immer mal wieder kommt die Sonne hervor, dann wieder Regen und Nebel. Das Geröllfeld gefällt mir überhaupt nicht, sodass ich mit einem anderen Wandergenossen zusammen umkehre. Die anderen Hartgesottenen wandern weiter aufwärts.

Der Rückweg geht teils steil abwärts und sehr schnell sind wir wieder in der "chilenischen Hütte". Wir kehren ein und trinken etwas Heißes, danach weiter zum Refugio. Unterwegs erleben wir wieder jede erdenkliche Witterung, kurz vor dem Ziel regnet es noch einmal sehr stark. Einmal verlaufe ich mich fast, doch ein chilenischer Guide, der zufällig vorbeikommt, ruft mich zurück auf den richtigen Pfad. Wir warten im Refugio auf den Rest der Truppe, der nach und nach und auch durchnässt eintrudelt. Sie haben tatsächlich für Minuten die Torres-Spitzen gesehen, ansonsten war das Wetter auch oben weiterhin schlecht. Am Abend bemerke ich, dass ich meinen Geldbeutel in der "chilenischen Hütte" liegengelassen habe und bitte Christian, nach oben telefonieren zu lassen. Aber trotzdem bleibt der Geldbeutel unauffindbar... Es war (für chilenische Verhältnisse) relativ viel Geld darin, sodass ich im Moment über recht wenig Bargeld verfüge. Außerdem ärgere ich mich über meine Nachlässigkeit, vermutlich ließ ich das Teil auf dem Tresen liegen und jemand nahm es einfach an sich. Den ganzen Abend über verschlechtert sich das Wetter zusehens, aber es war ja auch unser letzter Tag hier. Christian sagt auch, dass wir unglaubliches Glück mit dem Wetter hatten und das jetzt im Moment nahe an den Normalzustand sonst herankommt...

Das Abendessen ist wieder sehr gut, es gibt gigantische Portionen herrlich saftigen Lachs, dazu Kartoffelbrei. Wir klönen noch bis 23:00 Uhr und fallen dann ins Bett.

 

Chile 2004/2005 - Tag 12

Stadttag Puerto Natales, Einschiffung auf "M/N Magallanes"

Nach dem Frühstück, so gegen 9:30 Uhr verabschieden wir uns vom Nationalpark, der uns allen sehr gut gefallen hat. Lässt sich das noch überbieten? Wir bezweifeln es vorsichtshalber schon mal.

Per Bus geht es zurück nach Puerto Natales in unser Hotel. Auf dem Weg einige Stopps, wir sehen einen Wasserfall und halten etwas länger an der "Laguna Azul". Erst ist keine Sonne, sodass kaum von "azul" die Rede sein kann. Aber kaum 10 Minuten später kommt, die Sonne, wir knipsen wie wild, auch ein Lupinenfeld ruft nach Aufmerksamkeit. Wir bestaunen noch weiter die Berge ringsum. Noch ein kleiner Café-Stopp, wo ich mir noch ein Erinnerungs-T-Shirt kaufe. Bald darauf sind wir in Puerto Natales, wo wir unser restliches Gepäck aus dem Hotel "Lady Florence Dixie" abholen.

Gleich darauf checken wir auf unserem nächsten Fortbewegungsmittel, dem Roll-On/Roll-Off-Schiff "M/N Magallanes" ein, das uns in den nächsten Tagen nach Puerto Montt bringen soll. Wir verabschieden uns hier auch von Christian, der bald darauf mit dem Bus zurück nach Punta Arenas muss. Nur mit dem Handgepäck machen wir noch einen Stadtrundgang und kaufen einige Kleinigkeiten ein. Das Städtchen gefällt mir gut, auch wenn ich hier nicht wohnen wollte. Auf Einladung von TravelArt gibt es noch ein für uns zusatzkostenfreies Abendessen in einem netten Restaurant. Obwohl kein Tisch reserviert ist, bekommen wir sofort Platz. Wieder gibt es Lachs mit Kartoffelbrei, sehr gut gemacht, goldbraun gegrillt, mit Sesamkörnern oben drauf.

Danach gehen wir zum Boarding gegen 21:00 Uhr zum Schiff und warten vor der Wartehalle, deren Bestuhlung aus alten, aber gut erhaltenen Flugzeugsitzreihen(!) besteht. Es ist noch immer taghell. Wir bekommen fast alle eine 4er-Kabine zu zweit, obwohl die meisten unserer Gruppe den Aufpreis dafür nicht zahlten. Gut so. Die Einzigen jedoch, die Aufpreis (pro Person € 400!!!) zahlten, bekommen eine 4er-Kabine zu viert, ein peinlicher Buchungsfehler. Nach vielen Diskussionen mit dem Schiffs- und Agenturpersonal geht doch alles glatt, aber nur weil die Mitbewohner der Kabine (zwei Amerikaner) ausziehen und wohl (so unsere Mutmaßung) in die erste Klasse (AAA) umziehen. Zu zweit kostet eine 4er-AA-Kabine US$780, zu viert US$450. Nicht billig, wie das Meiste in Chile.

Als wir einschlafen, liegt das Schiff noch immer im Hafen und wird mit teils großem Krach beladen. Viele Container am Ufer müssen noch rein, teilweise mit Pferden und Kühen. Die Kabinen sind sehr gut, das dazugehörige Bad sehr klein, aber o.k. Zu viert wäre es aber viel zu eng und praktisch unbenutzbar. Am Abend trinken wir noch ein Bier im "Pub" in der obersten Etage des Schiffs. Wir erfahren, dass angeblich gegen 6:00 Uhr ein 80 Meter hoher Eisberg zu sehen sein soll und stellen uns alle den Wecker.

 

Chile 2004/2005 - Tag 13

M/N Magallanes, Silvester

Das wird der Running-Gag dieser Schiffsreise...: Als unsere Wecker klingeln, liegen wir noch immer im Hafen von Puerto Natales! Kein Eisberg. Und auch als wir gegen 6:15 Uhr ablegen, zeigt sich in den nächsten Stunden nichts, was wie ein Eisberg aussieht. Doch die 80 m stimmen! Denn wir fahren kurze Zeit später durch die engste Schiffspassage "Paso White" der Welt mit 80(!) m Breite! Hat hier jemand was falsch verstanden und auch noch falsch weitergesagt? Aber die Lautsprecherdurchsagen auf dem Schiff sind wirklich kaum zu verstehen.
In der engen Schiffspassage gehen wir dennoch an Deck und fotografieren. Neben dem Schiff ist wirklich nur wenig Platz und ein Schiff braucht den schließlich! Das Wasser ist fast schwarz, das Wetter wird schnell schlechter. Wir gehen in den Speisesaal zu einem Briefing zur Fahrtroute und zur Sicherheit. Zwei nette Damen moderieren es zweisprachig, es ist sehr lustig.

Danach gehe ich wieder nach oben in den "Pub", schreibe Ansichtskarten und Reisebericht. Ab und zu kommen Durchsagen, was gerade links und rechts des Schiffs passiert bzw. zu sehen ist. Durch das schlechte Wetter ist das Fotografieren aber schwierig. Wir sehen große Gletscher, die sich ins Meer schieben, bei einem der größten Gletscher wendet das Schiff sogar und fährt noch einmal zurück!

Nach dem Mittagessen beginnen im "Pub" die Vorbereitungen für Silvester, alles wird geschmückt, dafür werden Luftballons bereits aufgeblasen(!) in Säcken gebracht, die dann mit Klebestreifen an die Decke geklebt werden.

Am Nachmittag laufen auch einige Filme im Speisesaal über Gletscher oder die Ureinwohner in und um Puerto Eden, welches wir morgen besuchen werden.

Nach dem Abendessen reservieren wir im "Pub" gleich 12 Sessel für unsere Gruppe, denn dort ist es eng und später ist sicherlich kaum noch ein Platz zu ergattern. Ab 18:00 Uhr (Silvester in Deutschland) stoßen wir stündlich für jeden Zeitzone zwischen Deutschland und Chile aufs Neue Jahr an. Der Schiffselektriker spielt den Alleinunterhalter, hat ein E-Piano, welches er mittels Disketten mit Hits füttert und singt dazu. Alles in allem sehr witzig, wir sind seine Fans und jubeln ihm zu. Auch schwierige Sachen wie John Lennon oder gar Roberta Flack meistert er. Um Mitternacht serviert das Schiff auf großen Tischen Unmengen an Chips und Kuchen, dazu gibt es an der Bar Sekt umsonst! Ansonsten meide ich die Bar seit Anfang der Reise, der Barkeeper Luis ist nicht nur völlig unfähig, sondern auch ziemlich unmotiviert und tut nur das, was unbedingt sein muss. So macht Trinken einfach keinen Spaß. Die Stimmung ist ansonsten prächtig, im "Pub" sieht es schlimm aus. Es wird getanzt, von Reggae bis Rock ist alles geboten. Gegen 1 Uhr gehen die meisten zu Bett, denn morgen startet der Neujahrsausflug nach Puerto Eden recht früh.

 

Chile 2004/2005 - Tag 14

M/N Magallanes, Puerto Eden

7:30 Uhr ist (schon) Frühstück, dann Antreten zum Schwimmwestenempfang. Die Rampe am Heck des Schiffs wurde heruntergelassen, sodass wir dort in kleinere Boote steigen, die uns zum Hafen von Puerto Eden bringen. Wir sehen die kleine Siedlung schon vom Schiff, allerdings ist das Wetter nicht so toll bei der Abfahrt.

Das Dorf hat ca. 170 Einwohner, die vom Fischfang leben. Unser Schiff kommt zwei Mal in der Woche vorbei und ist praktisch die einzige Verbindung zur Außenwelt. Außerdem gibt es noch eine Wetterstation, im selben Haus wohnt auch die Polizei, die ein eigenes Polizeiboot hat. Wir haben ca. 1 Stunde Zeit, sodass wir in Ruhe die kleine Siedlung durchstreifen. Einige Hütten aus Holz, viele Hunde. Viele Häuser sind defekt oder Ruinen. So auch das Krankenhaus, völlig ausgebrannt und verwahrlost. Kaum jemand scheint Interesse am Wiederaufbau oder Aufbau zu haben, es liegen auch viele Fischerboots-Wracks am Ufer. Die Wege durch das Dorf sind stabile Bretter-Stege mit Geländer auf einer Balkenkonstruktion. Zurück auf dem Schiff wird kostenlos Glühwein in Styropor-Bechern ausgeschenkt, wir sind sehr froh und greifen gern zu. Die Besatzung zeigt sich auch hier sehr freundlich, immer hilfsbereit und außerordentlich angenehm. Einzige Ausnahme ist und bleibt der Barkeeper Luis. Während unseres Aufenthalts an Land kam auch die Sonne heraus, sodass ein paar nette Fotos entstanden. Auch jetzt ist gutes Wetter, gerade richtig zum Glühweintrinken in Patagonien.

Kurz vor dem Mittag passieren wir die "English Narrow", wieder eine enge Passage, diesmal immerhin 200 m breit. Sie darf auch nur tagsüber und nur einzeln durchfahren werden. Dies ist für längere Zeit die einzige Begebenheit, sodass wir den Nachmittag verschlafen.

Gegen Abend erreichen wir nach bisheriger Fahrt in fjordähnlichen Gewässern mit stets ruhiger See offenes Wasser des Pazifik. Dies wurde uns bereits beim ersten Briefing angekündigt und immer wieder erinnert, sich rechtzeitig Pillen gegen Seekrankheit beim Schiffsarzt zu holen. Ich bin sehr gespannt, wie ich auf diese neue Situation reagiere, denn ich war ja vorher noch nie auf einem Schiff!

Das Wetter ist recht schlecht, aber es geht. Die Wellen werden sehr viel höher, man spricht von 2 bis 4 m. Das Schiff schaukelt trotz seiner Größe enorm, was man sieht, wenn man die Bewegung der Reling zum Horizont vergleicht. Geradeauslaufen geht schon lange nicht mehr, am besten fühlt man sich im Sitzen. Man solle normal essen, wird gesagt, ein leerer Bauch ist genauso schlecht wie ein zu voller Bauch. Also halten wir uns daran, dennoch gibt es den einen oder anderen "Zwischenfall"...
Die meisten gehen schon 21:00 Uhr ins Bett, ich auch. Ich nehme keine Pille und habe keine Probleme, jedoch ist die Sache im Liegen stark gewöhnungsbedürftig. Aber ich schlafe dennoch sehr gut.

 

Chile 2004/2005 - Tag 15

M/N Magallanes

Am nächsten Morgen sind wir wieder in ruhigen Gewässern und auch die Mägen haben sich alle wieder beruhigt. Dennoch fehlen einige beim Frühstück.

Der Tag ist recht langweilig, wie immer einige Vorträge und Filme. An den Ufern neben dem Schiff und im Wasser sehen wir Seelöwen, Pinguine und einige wollen einen Wal gesehen haben. Fotografieren ist sehr mühsam, weil alles sehr schnell geht und man nie weiß, welches Tier wann und wo auftaucht.

Nachmittags scheint die Sonne, wir unterhalten uns nett auf Deck und genießen die Wärme.

Abends gibt es Bingo(!) im "Pub", ich schaue dem Treiben nur zu. Die Regeln sind einfach, die Stimmung prima, alle Sitze sind belegt. Eine Reisende unserer Gruppe gewinnt den Hauptpreis! Es ist ein Pullover der Schifffahrtsgesellschaft "Navimag", dunkelblau und recht schick, ähnlich den Pullovern der Bundesluftwaffe. Wir trinken noch ein wenig Wein und gehen dann bald ins Bett.

 

Chile 2004/2005 - Tag 16

Nationalpark "Alerce Andino"

Gegen 4:00 Uhr morgens erreicht das Schiff den Hafen von Puerto Montt. Sofort beginnen die Arbeiten, die wir in der Kabine schon beim Ablegen hörten: Laute Schläge, Kettenrasseln, Rufe, Schritte. Wie in einem Stahlwerk. Entsprechend früh sind wir wach und können in aller Ruhe unsere Taschen und Koffer packen und zum Entladen bereitstellen. Da wir in AA-Kabinen wohnten, wird das Gepäck für uns von Bord gebracht und wir müssen nichts schleppen.

7:30 Uhr ist Frühstück, dann geht es von Bord. Das Gepäck kommt gesammelt an Land und wir holen es in der Wartehalle ab. Wie schon in Puerto Natales besteht die Bestuhlung der Wartehalle aus alten Flugzeugsitzreihen, was sehr lustig aussieht. Teilweise sind es auch Sitze aus der Business Class, die entsprechend bequem sind.

In der Wartehalle treffen wir unseren Reiseleiter Thomas Held für diese Region. Ein etwas wunderlicher Gesell, merken wir gleich. Wir fahren in einem schicken neuen Bus mit sehr viel Platz nach Puerto Varas, nicht weit von Puerto Montt entfernt und checken in ein schönes Hotel ("Hotel Colones del Sur Express") etwas oberhalb des Ortes ein. Gleich nach dem Einchecken geht es weiter zu unserer ersten Wanderung, kaum Zeit für mich, in meine Wanderschuhe zu klettern.

Wir fahren über furchtbare Straßen zum Fuße des Vulkans Calbuco. Weiter oben sollen wir uralte Alerce-Bäume sehen, die bis zu 4000(!) Jahre alt werden. Unser lieber Reiseleiter kündigt die Wanderung als technisch leicht und nicht länger als 4 Stunden an, also als etwas nicht so Anstrengendes.

Jedoch ist die Tour alles andere als leicht. Schwierige Wege voller Wurzeln und Geröll und viel, viel Schlamm. Einige Tage vorher regnete es hier sehr stark, auch eine Brücke wurde weggeschwemmt, die wir eigentlich passieren müssten. Die Brücke fehlt also, wir (nicht unser Reiseleiter) finden eine Behelfsbrücke nebenan, die aus einem quer gelegten Baumstamm besteht. Wir rasten inmitten eines Feldes aus erstarrter Lava, sehr beeindruckend, da die großen Felsen trotz des Bewuchses so aussehen, als ob sie gerade eben noch flüssig waren.

Dann weiter Richtung Wolken durch Bambusdickicht und bemooste Wälder. Alles ist dunkel, feucht und auch recht kühl, je höher wir steigen. Wir bemerken, dass wir teilweise mitten in den Wolken wandern. Wir sehen auch die Alerce-Bäume. Die in normaler Größe (10-50 cm dick) sind Hunderte Jahre alt, die dickeren Tausende Jahre. Die Wege sind teilweise mit Alerce-Holz ausgelegt, was sehr schwer bzw. gar nicht verrottet. Auch deswegen ist das Holz so begehrt und das Abholzen seit einiger Zeit verboten. Frisch ist das Holz rötlich, es bleicht aber bald aus.

Zurück zum Bus wandern wir am Schluss über eine riesige Baustelle im Wald. Hier entsteht eine riesige Lachs-Aufzucht-Anlage mit riesigen Hallen und Aufzuchtbecken darin. Als Wasser wird sicherlich das kalte und saubere Gletscherwasser von den Bergen verwendet. Die Junglachse werden nach der Aufzucht in wilde Gewässer ausgesetzt und wachsen also dann natürlich auf.

Auf dem Rückweg im Bus sehen wir die Landschaft endlich sonnig, hinwärts war alles bedeckt. Es ist im unteren Teil recht warm, wir werden permanent von riesigen Bremsen attackiert. Diese Art gibt es nur hier, es hilft kein Autan oder ähnliches. Die Stiche sind schmerzhaft, auch durch die Kleidung hindurch. Wir werden aber nicht gestochen, weil wir aufpassen und die Viecher zum Glück sehr langsam sind. Ähnlich groß und lautstark wie Hummeln sind sie dazu unüberhörbar. Sie werden vor allem durch dunkle Kleidung angelockt

Nach ca. 6 Stunden Wandern unter schwierigen Bedingungen sind wir ziemlich geschafft und sind außerdem ziemlich verschlammt. Aber die Landschaft versöhnt uns, denn es war auch sehr schön. Zurück auf der Rüttelpiste geht es zum Hotel, wo alle das erste Mal nach Tagen ausgiebig duschen. Der Wasservorrat des Schiffs war ja begrenzt, sodass dort das Duschen stets etwas kurz war. Ich nutze den Reinigungsservice des Hotels, ich habe nach der heutigen Wanderung keine saubere Hose mehr...

Danach gehen fast alle gemeinsam zu einem guten Restaurant am Seeufer mit Blick auf den Sonnenuntergang und die beiden Vulkane Osorno und Calbuco, eine Bilderbuch-Atmosphäre. Wir essen ausgezeichnet, der Kellner ist witzig und das Bier schmeckt. Wir trinken das erste Mal Bockbier, was zwar nicht so stark ist, aber trotzdem schmeckt. Gegen 23:00 Uhr ist keiner mehr wach, alle im Bett.

 

Chile 2004/2005 - Tag 17

Stadttag Puerto Varas, Osorno-Vulkan

Heute Vormittag haben wir frei, deswegen spät aufstehen und spät frühstücken. Eigentlich war ein fakultatives Rafting angesetzt, aber keiner aus unserer Gruppe wollte mitmachen. Das Frühstück ist köstlich, es gibt frisch getoastetes Brot, frische Früchte und dazu Manjar, eine Milch-Creme (eingekochte Kondensmilch), die es in Chile in jedem Laden in allen Formen gibt, auch eine Variante von Nestlé. Ich finde sie köstlich und werde bestimmt eine Dose mit nach Hause nehmen.

Dann gehe ich noch in den Supermarkt und kaufe ein paar Kleinigkeiten für die nächsten Tage, auch eben eine Dose Manjar. Dazu die obligatorischen Kekse, denn auch in diesem Supermarkt gibt es außer Brötchen und Toastbrot kein richtiges Brot. Und ich kaufe Wasser und Chorizo-Wurst. Dann suche ich noch einen Gürtel, weil ich meinen eigenen irgendwie vermisse. Das Städtchen ist sehr nett, ich finde auch die Post und werfe Ansichtskarten nach Deutschland ein. Unterwegs treffe ich meinen Kabinengenossen vom Schiff, er hat meinen Gürtel irrtümlicherweise eingepackt. Gegen 11:00 zurück ins Hotel, denn bis 12:00 müssen wir ausgecheckt haben. Meine gewaschene Wäsche ist pünktlich fertig, wenn der Service auch nicht ganz billig war.

14:00 Uhr geht es los zum Osorno, am Ende wieder katastrophale Straßen, unser Busfahrer verlangt dem Bus auch das Letzte ab und kennt kein Erbarmen. Die lauschige Berghütte "Refugio Teski Club" in 1200 Meter Höhe ist an der Baumgrenze, darüber nur blanke Lavafelder. Wir sind die einzigen in der Hütte, kein anderer Gast. Sehr schön für uns, denn so bekommen alle Einzelzimmer, die das wollen oder Doppelzimmer. Die Wirtsleute sind sehr nett, wir bestellen Abendessen a la carte und selbstgemachten Himbeerkuchen, den uns die Wirtin vorab stolz präsentiert. Unsere Betten sind Doppel- oder sogar Dreistockbetten. Es gibt in der Hütte drei Kamine und Sitzecken. Heute sind aber nur 2 Kamine an.

Dann geht es los auf die Lavafelder, das Wetter ist mäßig, der Wind ist sehr stark. Steil aufwärts geht es, immerzu nach unten ein wunderbarer Blick auf den Llanquihue-See, oben sehen wir die Wolkengrenze und Fetzen davon auf uns zufliegen. Der Wind wird immer stärker, manchmal können wir kaum noch laufen. Entgegen der Ankündigung unseres Reiseleiters ("leichter Spaziergang") habe ich die volle Ausrüstung (Regenjacke, Regenhose, Pullover, Stöcke) wie viele anderen auch dabei und bin sehr froh darüber. Wir wandern entlang eines toten Skilifts, eine Bauruine und Fehlplanung. Denn im Winter liegt unter dem Lift wegen des Windes kein Schnee, auch drehen sich die Seile im Sturm und werfen die Gondeln ab. Nebenan etwa 100 m weiter steht ein neuer Lift, der auch funktioniert.

Wegen des Windes und herunterfallender Wolken brechen wir die Wanderung (eigentlich zu spät) nach einigen Diskussionen, bei denen unser Reiseleiter nicht sehr oft zu Wort kommt, ab und gehen in zwei Gruppen und teilweise auf verschiedenen Wegen schnell abwärts. Als wir alle im Trockenen sind, bricht draußen das Unwetter los, Regen, Graupel, Sturm. Bloß gut, dass wir den Abbruch entschieden. Wir sitzen im Warmen, essen gut, schwatzen und spielen Personen raten bis 23:00 Uhr am lodernden Kamin.

 

Chile 2004/2005 - Tag 18

Wasserfälle Petrohue, Allerheiligen-See "Lago todos los Santos"

9:00 Uhr geht es wieder los, wir fahren mit dem Bus abwärts, nachdem wir ausgecheckt und unsere Rechnungen bezahlt haben. Beim Auschecken wird erst eine Jacke vermisst, die sich in letzter Sekunde wieder anfindet, etwas später eine teure Sonnenbrille, die verschollen bleibt.

Wir bitten unseren Reiseleiter, wegen des guten Wetters heute morgen nicht die ganze Strecke zu fahren, sondern einen Teil des Weges laufen zu können. Er stimmt zu und instruiert den Fahrer, sodass der Bus uns später wieder aufliest. Wir wandern gemütlich und bei Sonnenschein auf dem Fahrweg nach unten, herrliche Natur um uns herum. Wir unterhalten uns sehr nett mit unserem Reiseleiter, der heute nicht mehr so wunderlich ist. So erfahren wir etwas über seine derzeitigen Aktivitäten, er baut zur Zeit einen Gasthof an der Nordflanke des Osorno auf dem Grundstück seines Großvaters. Es geht alles langsamer als gedacht, nicht nur wegen Geldnot, auch wegen der teils schwer zu bekommenden fähigen und fleißigen Arbeitskräfte für so eine abgelegene Baustelle.

Danach diskutieren wir das Tagesprogramm, eigentlich soll es an die Nordflanke des Osorno gehen, die wir teilweise umrunden sollen, um dann am Allerheiligen-See anzukommen. Die Fahrt beschreibt unser Reiseleiter aber als lang (70 km) und mühsam, sodass wir uns entscheiden, stattdessen direkt zum Allerheiligen-See zu fahren und dort am Seeufer zu wandern. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass einer der Gründe auch war, die Fahrt nicht zu machen, dass der Busfahrer seinen brandneuen Bus auf dieser schweren Fahrt nicht zerkratzen wollte. Das ist echte Kundenorientierung.

Die Entscheidung stellte sich als richtig heraus, die Fahrt zum See ist nicht sehr lang, wir stoppen noch an den Petrohue-Wasserfällen und fotografieren ein wenig. Dann am Seeufer picknicken wir erst ein bisschen und wandern dann gestärkt los. Es geht erst ein wenig landeinwärts vom See weg, immer herrliche Ausblicke auf den Osorno und auf den See. Das Wetter wechselt permanent, Sonne, Regen, Wind, Graupel im Halbstundentakt, ständiges Umziehen ist angesagt. Wir wandern die ganze Zeit über Lavafelder, die nicht aus Felsen wie am ersten Tag, sondern aus grobem Sand bestehen. Sie sind dazu herrlich bewachsen, das Grün und der dunkle Untergrund sehen wunderbar aus. Ab und zu durchqueren wir ausgetrocknete Flusstäler, in denen einmal sehr viel Wasser gewesen sein muss. Durch den dunklen Sand dampft nach einem Regen und nachfolgender Sonne die Erde, es sieht herrlich aus, fast wie bei den Geysiren. Am Ende ein Stück direkt am Strand des Sees entlang, der auch "Smaragdsee" heißt, weil er je nach Sonneneinstrahlung in sehr unterschiedlichen Farben spiegelt. Alle Blau- und Grüntöne sind vertreten, es sieht wundervoll aus und kaum in Bildern festzuhalten. Unser Reiseleiter erzählt uns, dass der See ein wichtiger Teil der Transitstrecke nach Argentinien ist, viele benutzen Boote, um erst über den See und dann mit dem Bus nach Argentinien zu reisen.

Nach 3 Stunden kommen wir wieder am Bus an und fahren zurück nach Puerto Varas. Unterwegs halten wir an einem Hof, der wegen seines guten Kuchens bekannt ist. "Kuchen" ist ein echt chilenisches Wort und wurde von den deutschen Einwanderern in den spanischen Sprachschatz übernommen. Die Mehrzahl ist also "kuchenes". Wir essen mit Genuss Himbeertorte, Mandelkuchen (eine Art Bienenstich) und Sahnetorte (mit einer Schicht Baiser zwischen der Sahne!) und trinken Kaffee. Alles himmlisch, wie auf einer Rentner-Kaffeefahrt kommen wir uns vor. Wenn nur unsere verdreckten Wanderschuhe nicht wären. Der Kuchen versöhnt uns auch etwas mit unserem Reiseleiter, der im Vergleich zu den ersten Tagen sehr freundlich ist und zugänglich.

Abends checken wir in unser Hotel ein, indem wir bereits schon einmal waren und duschen ausgiebig. Wir essen auch wieder im selben Restaurant und haben einen Tisch für alle gemeinsam reserviert.

Die Nacht ist furchtbar, das hellhörige Hotel ist voll belegt und viele andere Gäste die ganze Nacht über sehr laut. Unter anderem ist gerade eine Mädchenschulklasse hier, die sich auch gern im Gang von einem Ende zum anderen irgendwelche Dinge zuschreien.

 

Chile 2004/2005 - Tag 19

Reisetag Puerto Montt - Santiago - Madrid

8:15 Uhr fahren wir nach dem Frühstück zum Flughafen von Puerto Montt, wir können glücklicherweise das Gepäck bis Frankfurt durchchecken, obwohl dies ja erst mal ein Inlandsflug ist. 10:20 Uhr ist der Start, das Flugzeug kommt aus Punta Arenas. Nach etwa 1 Stunde sind wir schon in Santiago und haben noch 6 Stunden Zeit bis zu unserem Langstreckenflug nach Hause.

Wir suchen uns einen Minibus als Taxi und handeln für Hin- und Rückfahrt einen Preis aus. Die Strecke ist recht lang und dauert 45 Minuten, vor allem wegen vieler Baustellen. Denn überall in Santiago ist rege Bautätigkeit zu beobachten, keine Spur von Investitionsflaute. Wir geben dem Fahrer die Hälfte des Geldes und bitten um Rückfahrt um 17:15 Uhr.

Dann durchstreifen wir die Stadt, es ist sehr heiß, sicherlich über 30 Grad. Erst mal einen Eiskaffee, später noch einen kleinen Imbiss in einem türkischen Restaurant. Es sind sehr viele Leute auf der Straße, auch wenn gerade eigentlich keine Mittagspause ist. Die Stadt gefällt uns gut, auch die Leute sind meist nett und freundlich. Wir gehen zum Schluss zu unserem Treffpunkt und warten auf das Taxi, was (natürlich) nicht kommt. Kurz vor der großen Panik spricht uns auf deutsch ein Chilene an und bietet uns seine Hilfe an. Er war einige Zeit in der DDR und lernte dort deutsch. Für uns hält er ein Taxi an und handelt einen sehr günstigen Preis aus, 7000 Pesos für 5 Leute (eine von uns fuhr schon allein vorher zurück zum Flughafen). Wir zwängen uns zu fünft in einen PKW und geben unserem Helfer fürstliches Trinkgeld. Der Taxifahrer spricht kein deutsch und kein englisch, fährt Schleichwege, tankt zwischendurch 6 Liter nach und ist nach nur 30 Minuten am Flughafen. Wir bedanken uns herzlich und verabschieden uns.

19:30 Uhr geht es mit etwas Verspätung los.

 

Chile 2004/2005 - Tag 20

Reisetag Madrid - Frankfurt - Freiburg

Der Flug dauert 12:45 Stunden, sodass wir pünktlich gegen 13:00 Uhr Ortszeit in Madrid bei herrlichem Wetter eintreffen. Nach einiger Lauferei zwei Mal quer über den Flughafen und durch eine Sicherheitsschleuse sind wir zurück am ursprünglichen Gate und nach kurzem Warten im Flugzeug. Auf dem Klo im Flughafen sehen wir einen Reisenden, der an der Steckdose am Waschbecken sein Notebook auflädt und dabei Schach spielt, jedenfalls ein merkwürdiges Bild.

2,5 Stunden später sind wir in Frankfurt, das Gepäck ist sofort da, als wir am Gepäckband ankommen, LAN Chile perfekt bis zum Schluss. Wir verabschieden uns voneinander recht herzlich und gehen zum Flughafenbahnhof. Dort bemerken wir, dass wir nur um wenige Minuten unsere Züge verpassten. Einer war sogar noch in Sichtweite, dennoch zu spät. Wir trinken noch einen gemütlichen Kaffee zusammen und fahren dann in unterschiedlichen Richtungen davon ins kalte Deutschland.

Gegen 21:30 Uhr bin ich zuhause, lasse erst mal viel rostiges Wasser aus den Leitungen, bevor ich duschen kann und falle todmüde ins Bett. Zum Glück habe ich ein paar freie Tage und kann mich in aller Ruhe eingewöhnen.

Chile war und ist wirklich eine Reise wert. Wer weiß, ob ich dort das letzte Mal war? Vor allem der Nationalpark "Torres del Paine" war beeindruckend, aber auch die Atacama-Wüste. Beides perfekte Plätze zum Freischaufeln der Alltagsköpfe und auch Plätze, in denen man als Mensch mal wieder sieht, wie unwichtig man ist und wie kurzlebig im Vergleich zur restlichen Natur.